Das ist schön!

Angehörige, Verwandte und Partner versuchen ständig, einem Patienten den Sinn für schöne Momente zu wecken, Hoffnung und Kraft zu geben und eine positive Stimmung zu erzeugen.
Aber das geht ausschließlich und absolut nur, wenn der Patient keine oder höchstens möglichst wenig Schmerzen hat!
Setzen wir voraus, dass dies glücklicherweise so ist, dann sind unsere Erfahrungen sehr vielfältiger als man denken würde!
 
Für den Patienten

Du siehst gut aus heute!“, „Deine Augen strahlen heute!“ – Komplimente sind hilfreicher und sehr viel angenehmer als die ständigen Fragen „Wie geht es Dir (heute)?“.

´Ich bin einfach nur da´ als Ausdruck von Nähe ohne Forderungen ist superschön!

Erzählungen vom normalen Leben sind enorm wichtig und für den Patienten schön. Viele glauben dem Patienten weh zu tun, weil ihm solche Erzählungen vor Augen führen, dass er selbst daran nicht oder nie mehr teilnehmen kann. Aber in den meisten Fällen tun solche Erzählungen sehr gut! Der Patient braucht diesen „Outlook“ nach „Draußen“. Das Stück Normalität im Kopfe ist eine Erholung für die Seele.

Leichte Massagen der Füße, Rücken, Schultern oder Streicheln von Gesicht, Rücken und Armen ist immer total schön – sofern der Patient dies auch so empfindet. Die körperliche Nähe ist besonders wichtig, da der Patient seit der Diagnose ein gestörtes Verhältnis zu seinem Körper hat und die Nähe zumindest ein Zeichen der bestehenden Liebe ist.

Der Patient will andere nicht belasten. Also wird er nach Trinken, Essen und Naschkram nur fragen, wenn es unbedingt notwendig ist. Dabei wollen wir Angehörige doch so gerne alles tun, um ein bißchen Angenehmes zu schaffen!
Patienten können oftmals nur sehr wenig und nur ganz bestimmte, wechselnde Dinge zu sich nehmen. Die Versorgung ist also ein 24/7-Job, aber es sind auf diese Weise viele kleine Highlights pro Tag möglich!

Sauberkeit der Umgebung ist für das Wohlgefühl sehr wichtig! Auch wenn der Patient vielleicht nicht viel wahrnimmt, das tägliche Reinigen seiner Umgebung ist ein MUSS!

Die Körperpflege mag durch Anreichung von Waschschüssel, Waschlappen, das Reinigen selbst und die Entsorgung der Utensilien sehr aufwändig und lästig sein, aber sie ist wirklich sehr, sehr wichtig! Der Patient fühlt sich für eine lange Zeit nach dem Waschen sehr viel wohler, auch wenn es anstrengend ist.

Die Häusliche Pflege durch externe Dienste ist super und ich bewundere die Mitarbeiter*innen aus vollstem Herzen (auch wenn ich das persönlich für meine Frau abgelehnt habe, weil ich es selbst machen wollte). Wenn Ihr eine findet, die Euch was auch immer abnehmen kann und vom Patienten akzeptiert wird, dann nehmt das Angebot war! Der Patient wird professionell versorgt und der Angehörige kann sich eine Auszeit nehmen, die dem Patienten direkt zugute kommt.

Was auch immer man sich einfallen lässt: Der Patient entscheidet, was ihm gut tut. Bei manchen muss man solche Informationen mühsam herauskitzeln, aber das ist wichtig!

Für den Angehörigen

Für den gesunden angehörigen ist das schönste, wenn es dem Patienten gut geht, wenn die Prognose positiv ist, wenn keine Schmerzen zu erleiden sind und wenn er ein Lächeln vom Patienten erhält.
Da er kaum etwas davon selbst initiieren kann, hat er ein verdammt ohnmächtiges, frustrierendes und unmotivierendes Dasein.
Er versucht daher, besonders intensiv zu motivieren, Hoffnung und positives Denken zu erzeugen.
Lasst das bitte! Es nervt die meisten Patienten buchstäblich zu Tode!

Wenn der Patient Schmerzen hat, ist kein positives Denken, keine Hoffnung und kein Lächeln möglich. Und wenn doch, ist das zum Wohle des Angehörigen gespielt.
Also gilt: wenn Schmerzen vorhanden sind, ist stilles Begleiten, erlaubte körperliche Nähe und verbales Mitleiden opportun. Mehr nicht.

Wenn es die so genannten „Guten Tage“ gibt, holt man sich wie unter „Für den Patienten“ beschrieben, mit den vielen kleinen Dienstleistungen seine Lächeln-Momente ab.
Das ist der Job – ganz einfach!

Trotzdem braucht der Angehörige seine Zeit, um selber Kraft zu sammeln und durchzuatmen!
Hierfür sind Freunde so wichtig! Das Bier in der Kneipe oder bei denen oder der Spaziergang MIT Akzeptanz, dass man sich auskotzen kann, füllt die Seele wieder auf.

Und wenn keine Freunde da sind? Dann muss man eben alleine raus und die Natur genießen. Ein Wald, eine Wiese, ein Strand geben unheimlich viel an Kraft und der Wind bläst einem das Gehirn wieder frei.

Auch Krafttraining, Joggen oder das Fitnessstudio machen einen guten Job.

Am wichtigsten ist jedoch die persönliche Einstellung: ´Ich bin für das Überleben meines Partners enorm wichtig!´.
Das gibt die meiste Kraft und Freude, dem Patienten genau so zu helfen, wie er es am angenehmsten möchte.

Das hört sich jetzt alles großartig und oberflächlich an.
Aber es kommt aus dem Herzen eines Menschen, der seit vielen Jahren Tag und Nacht – teilweise buchstäblich – für seine Partnerin bedingungslos da ist. Auch elf Tage Tag und Nacht in der Intensiv-Station nur auf einem Stuhl sitzend oder die manchmal fünf-fachen nächtlichen Toilettengänge zuhause mit Tragen der Liebsten und Versorgen haben die Kraft zum optimalen „Kümmern“ nicht schmälern können. Ist doch klar,oder?